Archiv für den Monat: November 2023

23.11.23 basc.news: Mailand: Weitere Festnahme und drohende Auslieferung im Budapest-Kontext

Am Dienstag, 21.11.2023, wurde Gabriele in Mailand von den örtlichen Carabinieri verhaftet. Er wartet gegenwärtig im Hausarrest auf seine Auslieferungsanhörung. Grundlage der Festnahme war ein von Ungarn ausgestellter europäischer Haftbefehl. Dem Genossen wird vorgeworfen, an den Auseinandersetzungen mit Faschisten rund um den „Tag der Ehre“ in Budapest im Februar 2023 beteiligt gewesen zu sein. Die ungarischen Behörden werfen den Betroffenen neben diversen Körperverletzungsdelikten bzw. deren Vorbereitungauch die Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ vor. Dabei soll es sich um dieselbe Vereinigungwie im Antifa Ost-Verfahren handeln, welche ihren Schwerpunkt in Leipzig gehabt haben soll und deren angebliche Existenz im vergangenen Mai erstmals von einem Gericht als erwiesen angesehen wurde. Die Absurdität, dass eben diese Vereinigung nun auf einmal Mitglieder in verschiedenen europäischen Ländern haben soll, scheint die anklagenden Behörden in Ungarn dabei nicht zu stören.

Im selben Zusammenhang befinden sich noch immer zwei Genoss:innen, Ilaria und Tobi, in Budapest unter katastrophalen Bedingungen in Untersuchungshaft. Seit über neun Monaten sind sie der schlechten bzw. kaum vorhandenen medizinischen Versorgung, den mangelhaften hygienischen Zuständen und nach den heißen Sommermonaten nun bald der zunehmenden Kälte der ungarischen Wintermonate ausgesetzt. Dazu kommt die fast vollständige Isolation, denn jegliche Kommunikation nach außen wird weitgehend unterbunden. Der italienischen Genossin wurde kürzlich nach neun Monaten zum ersten Mal der Besuch eines Angehörigen gestattet.

Gabriele droht nun ebenfalls die Auslieferung nach Ungarn. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Wochen über eine Auslieferung entschieden wird. Im Falle einer positiven Entscheidung erwarten ihn in Ungarn die gleichen Haftbedingungen wie bei den beiden bereits dort inhaftierten Genoss:innen. Die Staatsanwaltschaft hatte erst kürzlich die Anordnung von Haft im verschärften Vollzug beantragt und für Ilaria eine Haftstrafe von elf Jahren gefordert. Unter welchen Vorzeichen ein Gerichtsprozess dort steht, lässt sich anhand der Medienberichterstattung, der gesellschaftlichen Stimmung in Ungarn sowie der diversen Justizskandale und Verstrickungen lokaler Behörden mit Neofaschisten nur unschwer erahnen.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie eng die ungarischen Behörden mit organisierten Faschisten verstrickt sind: Die Veranstalter des SS-Gedenkens zum „Tag der Ehre“ wurden in Ungarn im August 2023 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet und erhielten eine staatliche Förderung von umgerechnet rund 180.000€ vom nationalen Tourismusförderverband (1). Einer der beiden Hauptorganisatoren ist darüber hinaus der Schwiegersohn des Fidesz-Vizepräsidenten des ungarischen Parlaments (2). Im April wurde ein verurteilter Rechtsterrorist anlässlich des Papstbesuchs in Budapest von der ungarischen Präsidentin begnadigt, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und ritt auf einem Pferd davon (3).

Sollte Gabriele also ausgeliefert werden, ist mit einem politisch motivierten Verfahren, einem Schauprozess und einer langen Haftstrafe unter unmenschlichen Bedingungen zu rechnen. Die nächste Entscheidung eines italienischen Gerichts über die Auslieferung ist für den 5. Dezember angesetzt. Wir rufen deshalb dazu auf, in der kommenden Woche öffentlich Solidarität und Protest gegen die Auslieferung zu organisieren, insbesondere vor Vertretungen des italienischen Staates in Deutschland. Zeigen wir den italienischen Genoss:innen, dass wir zu ihnen stehen. Ob in Ungarn, Italien oder Deutschland – Antifaschismus bleibt legitim und Solidarität bleibt notwendig.

Freiheit für Gabriele, Ilaria, Tobi und alle anderen inhaftierten Antifaschist:innen!

Viel Glück allen Abgetauchten!


Weitere Informationen zu dem Verfahren, seinen Hintergründen sowie aktuellen Entwicklungen finden sich bei: https://www.basc.news/

Die italienischen Genoss:innen brauchen außerdem dringend Geld, um unter anderem die Prozesskosten und Haftunterstützung zu finanzieren. Gespendet werden kann an folgendes Konto:

Kontoinhaber:innen: Alice Zaffaroni und Martina Franchi

IBAN: LT523250062922492633

Betreff: REVOLT21


Zum Nachlesen:

1. https://444.hu/2023/08/19/allami-elismerest-lovagkeresztet-kapott-a-kito…

2.https://merce.hu/2023/07/06/nem-a-kitores-tura-szervezoinek-allami-tamog…

und

https://telex.hu/belfold/2023/10/31/85-millio-forint-kozpenz-hazajaro-ho…

3. https://www.blick.ch/news/wegen-papstbesuch-ungarns-praesidentin-begnadi…

Solidemo 23.11. 18 Uhr Köln: Siamo tutti antifascisti! Keine Auslieferung!

Diesen Dienstag – also am 21. November – haben die italienischen Cops eine weitere Person im Kontext des Budapest-Komplexes festgenommen. Der Genosse befindet sich zur Zeit unter Hausarrest, doch eine Auslieferung an das ungarische Orban-Regime steht im Raum. Dem Genossen wird vorgeworfen, zusammen mit anderen Antifas, beim sogenannten „Tag der Ehre“, einem Nazi-Aufmarsch, im Februar diesen Jahres gegen Nazis vorgegangen zu sein. Am Tag der Ehre kamen über 2000 Neonazis nach Budapest um dem Ausbruchsversuch der dort belagerten SS- und Wehrmachtssoldaten sowie ihrer ungarischen Kollaborateure zu gedenken.

Die Repression von dieser Woche reiht sich in die skandalösen Verfahren gegen die Budapest Two ein, die seit Anfang des Jahres in Budapest im Knast sitzen. Den beiden inhaftierten Genoss*innen Tobi und Ilaria aus Deutschland und Italien werden elementarste Rechte verwehrt, sie durften lange keinen Besuch empfangen, wurden von den anderen Gefangenen isoliert und auch die hygienischen Bedingungen in Haft sind katastrophal.

Dass der rechts regierte ungarische Staat nicht die Faschist*innen, sondern die Antifas verfolgt, die sich diesem Nazikult entgegenstellen, ist zwar skandalös, aber nicht überraschend. Um so schlimmer, dass sich die italienische und deutsche Regierung zu willigen Helfern des Orban-Regimes machen und bei der Verfolgung der Antifas mit Rat und Tat zur Seite stehen! Und nicht nur die Regierungen beteiligen sich an der Verfolgung: Die Politik kann sich auf die Hetze der Presse verlassen die sich insbesondere in Deutschland an der Fahndung nach „untergetauchten Linksextremist*innen“ beteiligt.

Für uns ist klar auf diesen Staat ist beim Kampf gegen den Faschismus kein Verlass! Antifa bleibt Handarbeit! Wir senden unsere Liebe und Solidarität an die inhaftierten Genoss*innen! Grüße an alle Untergetauchten! Free them all!

Zeigt eure Solidarität mit den Inhaftierten, kommt am Donnerstag, 23.11. 18 Uhr zum Hans-Böckler Platz von dort ziehen wir dann zum italienischen Generalkonsulat.
Siamo tutti antifascisti!

AntifaAK Cologne- Instagram

22.11.23: Neue Verhaftung aufgrund der Ereignisse in Budapest

In der Nacht von Montag, dem 20., auf Dienstag, den 21. November, verhaftete die Polizei Gabriele, einen Genossen aus Mailand, und brachte ihn in das Gefängnis San Vittore. Gabriele ist Beschuldigter in einer gerichtlichen Untersuchung der Angriffe auf Neonazis in Budapest im vergangenen Februar, deren erste Verhaftungen am 11. Februar 2023 stattfanden und zur Inhaftierung der Kameraden Ilaria und Tobias führten.

Die Auseinandersetzungen mit den Nazis fanden an dem Wochenende statt, an dem der „Tag der Ehre“ begangen wurde, ein wichtiges Datum für rechtsextreme Kreise in Ungarn und ganz Europa, das an das Massaker eines Nazibataillons durch die Rote Armee im Februar 1945 erinnert. In diesen Tagen versammeln sich Hunderte von Kameraden in Budapest zu einem großen Gedenkmarsch und zur Teilnahme an verschiedenen Initiativen, die aus diesem Anlass organisiert werden. Bis heute wurde den im Februar verhafteten Genossen mitgeteilt, dass die Ermittlungen eingestellt wurden und ihr Prozess am 29. Januar beginnt. Am 31. Oktober hatten mehrere Zeitungen in Deutschland und Ungarn Artikeln über den Erlass eines europäischen Haftbefehls durch Ungarn gegen 14 Personen veröffentlicht, gegen die im Rahmen der Ermittlungen ermittelt wird, zehn Deutsche, zwei Italiener, ein Albaner, ein Syrer. Bisher wissen wir nur von der Verhaftung von Gabriele. Nach einer Nacht im Gefängnis, wurde er unter Hausarrest gesetzt und wartet nun darauf, dass über seine Auslieferung an Ungarn entschieden wird. Die Anhörung, in der das Urteil für oder gegen die Auslieferung gefällt wird, findet Anfang Dezember statt.

Wir möchten angesichts dieser Verhaftung erneut auf die Bedeutung einer internationalen Solidaritätsmobilisierung hinweisen, um eine starke Antwort zu geben und zu betonen, wie wichtig es ist, überall antifaschistische Praktiken zu praktizieren, rechtsextremen Organisationen keinen Raum zu geben und dass kein Tag wie der Tag der Ehre unbemerkt bleibt und ohne eine Mobilisierung der Antifaschisten stattfindet. Wir rufen alle dazu auf, mit uns gemeinsam die Auslieferung von Gabriele abzulehnen, eine Maßnahme, die darauf abzielt, Kameraden von ihren Angehörigen und Familien zu isolieren, Solidaritätsdemonstrationen zu verhindern und die Verteidigung vor Gericht zu erschweren. In Ungarn haben wir es mit einer Verurteilungsquote von 98 % und einem Justizsystem zu tun, das sehr hohe Strafen für Verbrechen vorsieht, die in Italien viel milder bestraft werden. Darüber hinaus haben wir in den letzten Monaten gesehen, wie schwierig und beschwerlich die Kommunikation zwischen den Ländern ist, da ständig Übersetzungen angefertigt werden müssen und generell alle Einschränkungen dadurch entstehen, dass man nicht in dem Land ist, in dem sich die Angeklagten befinden und in dem die Ermittlungen stattfinden.

Das ist eindeutig das, was die Repression will: uns die Ausübung unserer Solidaritätspraktiken zu erschweren und die Angeklagten zu isolieren, um die Hoffnung und Entschlossenheit in ihnen zu brechen. Wir wissen, dass unsere Genossinnen und Genossen nicht so leicht aufgeben werden. Und wir haben nicht die Absicht, einen Schritt zurück zu machen, wenn es darum geht, ihnen unsere Wärme und Präsenz zu zeigen. Ein weiteres Element, auf das wir hinweisen möchten, sind die schrecklichen und unmenschlichen Haftbedingungen im Budapester Gefängnis.

Unsere Genossin Ilaria, die bereits seit Februar im Budapester Gefängnis inhaftiert ist, wird in einem Mittelsicherheitsregime festgehalten, das faktisch eine Halbisolationshaft ist: Die Zeit, die in der Zelle verbracht wird, beträgt 23 von 24 Stunden, wobei die Tür vollständig geschlossen ist; selbst in der so genannten Stunde der Luft werden die Gefangenen unter der Erde gehalten, ohne direktes Sonnenlicht. Alle Transporte der Gefangenen vom Gefängnis zum Gericht oder zur Polizeiwache usw. erfolgen mit einem Ledergürtel, an dem Handschellen befestigt und die Knöchel zusammengekettet sind. Jeden Monat wird eine Entwesung gegen Bettwanzen durchgeführt, ohne den Insassen genügend Zeit außerhalb der Zelle zu geben, damit sie sich nicht an den Dämpfen der giftigen Substanzen berauschen. Dies sind nur einige der Gewalttätigkeiten, denen die Insassen während ihrer Inhaftierung ausgesetzt sind. Darüber hinaus durfte Ilaria nach ihrer Verhaftung acht Monate lang keine Gespräche führen, keine Pakete empfangen und keinen Briefwechsel mit Freunden oder Familienmitgliedern führen.

Sollte die italienische Justiz das Auslieferungsurteil für Gabriele ausstellen, wird er sich höchstwahrscheinlich unter ähnlichen, wenn nicht gar schlimmeren Bedingungen wiederfinden. Am Dienstagabend ging eine große Gruppe von Menschen unter die Mauern des Mailänder Gefängnisses, um ihn und alle Gefangenen und Insassen zu begrüßen. Wir wollen ihn auch in diesen Tagen unsere Wärme und Solidarität spüren lassen und werden wieder auf der Strasse sein!

Wir rufen für Sonntag, den 26. November, um 16 Uhr auf der Piazzale Aquileia zu einer Mahnwache auf, um unserer Wut und Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen, für Gabriele, Ilaria, Tobias und alle verhafteten und gesuchten Genossen, und alle Inhafterte in allgemein. Die Gerichtskosten sind sehr hoch, und wir brauchen die Hilfe aller, um sie zu tragen.

Jegliche Spenden können auf das Konto überwiesen werden, das im Besitz von: Alice Zaffaroni und Martina Franchi IBAN: LT523250062922492633 BIC: REVOLT21

Für Informationen schreiben aggiornamentibudapest@autistiche.org