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MDR vom 27.1.24: Budapest Mutmaßliche Linksextremisten aus Deutschland in Ungarn vor Gericht

Am Stadtgericht Budapest beginnt am Montag das Verfahren gegen mutmaßliche Linksextremisten – zwei Deutsche und eine Italienerin. Sie sollen Teilnehmer einer rechtsextremen SS-Gedenkveranstaltung angegriffen haben. Weitere Beschuldigte fehlen jedoch. Einer von ihnen wurde im Dezember in Berlin festgenommen. Nun wird über seine Auslieferung nach Ungarn verhandelt.

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/budapest-linksextremisten-prozessauftakt-100.html

Cover "der rechte rand"

Hintergrund über Rechtsruck in Ungarn aus „der rechte rand“ von 2012

Cover "der rechte rand"   Unter dem Titel „Ungarn. Rückkehr der Geister“ hatte das antifaschistische Magazin „der rechte rand“ im Sommer 2012 einige Hintergrundartikel über die Rechts-Verschiebung in Ungarn abgedruckt. Auch wenn das mehr als 10 Jahre alt ist, gibt das Heft auch heute noch vieles her, um besser zu verstehen, was in Ungarn historisch und gesellschaftlich passiert ist und wie sich das einordnen läßt…

Hier zum Download der Zeitschrift:

https://www.der-rechte-rand.de/wp-content/uploads/drr_136-1.pdf

AIB: Ungarn: Hate Crime gegen Neonazis? Antifas in Haft

Die Gruppe „Budapest Solidarity Berlin“ gibt im neuen Antifa Info Blatt 140 vom Dezember 2023 einen Überblick über die Situation nach den Verhaftungen von zwei Antifaschist:innen aus Deutschland und Italien im Februar 2023 in Budapest.

Ein festgenommener Antifa wird für einen Videoclip vorgeführt.
(Screenshot: youtube; PoliceHungary)
Ein von der ungarischen Polizei „@PoliceHungary“ produzierter Videoclip inszenierte die Festnahme von Tatverdächtigen und trägt auf deren Youtube-Kanal den tendenziösen Titel „Gewalt gegen ein Mitglied der Gemeinschaft“ („Közösség tagja elleni erőszak“).

Seit über einem halben Jahr sitzen Tobi, ein Berliner Genosse, und eine Mailänder Genossin in Budapester Untersuchungs-Haft.1 Sie harren dort nicht nur unter besonders schlechten Bedingungen, Teilisolation und Schließer:innenwilkür aus – etwas, dass wir2 vom Knastsystem nicht anders erwarten, sondern sie sind darüber hinaus inhaftiert in einem rechtsautoritären Staat, der ein besonderes politisches Interesse an der Verfolgung westeuropäischer Antifaschist:innen hat.

Ungefähr ebenso lang werden mindestens sechs weitere Genoss:innen durch einen europäischen Haftbefehl im gleichen Zusammenhang in Budapest gesucht. Deutsche Behörden unterstützen und haben selbst Ermittlungen aufgenommen.

Dass die beiden Genossen:innen nach einem legalen europäischen SS-Gedenken in einer ungarischen Zelle sitzen und nicht einer der zahlreichen und gewaltausübenden Neonazis, spricht Bände darüber, wen die ungarischen Behörden als politische Gegner:innen verstehen. Es weist wenig darauf hin, dass die Haftbefehle fallen gelassen und die inhaftierten Genoss:innen frei gelassen werden.

Dass die ungarischen Polizeibehörden die Verhaftung der ursprünglich drei Genoss:innen nicht als eine ,gewöhnliche‘ Straftat behandeln werden, zeigte die ausgreifende und im TV ausgestrahlte Pressekonferenz der Budapester Polizei. Darin bemühten sich zwei Polizeioffiziere die angegriffenen Neonazis als unbescholtene Opfer darzustellen, während die Verhafteten als besonders gefährliche Gewalttäter:innen erscheinen sollten.

Kein Wunder in einem Land, dass sich mitten im autoritären Umbau der Öffentlichkeit und des Staates befindet. Der Rechtsruck von Victor Orban und der Fidesz-Partei3 bringt nach und nach die Medienlandschaft unter Kontrolle und behindert kritische Stimmen. Die Arbeit der Opposition und NGOs, die sich beispielsweise für die marginalisierte Roma-Bevölkerung oder Anerkennung sexueller Vielfalt einsetzen, wird immer weiter eingeschränkt. Kriminalisierung und Repression gegen Aktivist:innen sind dabei zentraler Teil des politischen Programms. Das wird auch durch die wachsende politische Kontrolle der Fidesz-Exekutive gegenüber dem Justizapparat und Richter:innenschaft ermöglicht, wie bspw. der Amnesty International Bericht „Status of the Hungarian Judiciary“ (2021) dokumentiert.

Darüber hinaus ist es für uns wegen sehr sparsamer Behördeninformationen und Sprachbarrieren schwierig die Situation vor Ort einzuschätzen. Trotzdem ist klar: Die Auswirkungen des rechten Staatsumbaus prägen die Ermittlungen und sind auch in den zukünftigen Gerichtsprozessen zu erwarten. Die ungarischen Anwält:innen haben uns gegenüber geäußert, dass es nur noch wenige Richter:innen gibt, die nicht auf Orbans Linie sind.

Was wird den Genoss:innen bisher vorgeworfen?

Zuerst standen die Verhafteten in Verdacht „Gewalt gegen Mitglieder einer Gemeinschaft“ in besonders schweren Fällen (mehrfach, in einer Gruppe und bewaffnet) ausgeübt oder geplant zu haben. Dass die Staatsanwaltschaft diesen Strafrechtsparagraphen 216 anwendet ist absurd und verrät etwas über deren Bewertung darüber, was es heißt Neonazi zu sein. Der Paragraph 216 des ungarischen Strafgesetzbuches anerkennt die besondere Schwere einer Gewalttat gegen gesellschaftlich diskriminierte Gruppen wie LGBTQI-Personen, ethnische ,Minderheiten‘  oder Personen mit Behinderung. Unterm Strich unterstellt die Budapester Staatsanwaltschaft, Neonazis wären eine diskriminierte Minderheit und die Genoss:innen hätten ein Hate Crime gegen Neonazis begangen. Eine weitere bittere Ironie begleitet den Vorwurf: Diese Hate-Crime-­Regelung ist erst auf Druck der Europäischen Union für stärkere Antidiskriminierungsgrundsätze ins ungarische Strafrechtssystem aufgenommen worden.

Zur Zeit wird die direkte Tatbeteiligung nur noch gegen die Mailänder Genossin aufrecht erhalten. Es drohen ihr dafür eine über zehnjährige Haftstrafe. Für den Vorwurf gegen Tobi scheinen die Ermittler:innen nicht ausreichend Indizien präsentieren zu können. Seit April 2023 wird er „nur noch“ beschuldigt, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung zu sein, die hinter den Angriffen auf Neonazis in Budapest im Februar 2023 stünde. Dafür drohen ihm ein bis fünf Jahre Haft. Wir vermuten, dass hinter dieser Änderung auch das Interesse steht, Tobi trotz mangelnder Indizien weiter im Knast festhalten zu können. Die Erkenntnislage scheint so dünn zu sein, dass die ungarische Staatsanwaltschaft sich Akten aus dem „Antifa Ost-Prozess“ schicken ließ, um ihre Vorwürfe zu unterfüttern.

Doch die deutschen Behörden tauschen nicht nur Akten mit dem ungarischen Justizapparat aus. Sie sind auf eigene Faust tätig geworden: Am 15. Februar 2023 wurden in diesem Zusammenhang zwei Wohnungen in Berlin durchsucht. Einen Tag später haben die Generalstaatsanwaltschaft Dresden und die Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen gegen sieben Personen wegen gefährlicher Körperverletzung in Budapest aufgenommen – wieder mal unter der Federführung des LKA Sachsen.

Seit Ende Februar 2023 sucht die ungarische Polizei mit Haftbefehlen nach drei weiteren Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Am 15. März 2023 gab es auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Dresden drei Razzien in Leipzig und fünf in Jena. In Thüringen wurde diesbezüglich offenbar eine Sonderkommission des Staatsschutzes im LKA gebildet.

Auf „Anti-Antifa“-Internetseiten, rechten Blogs und in Teilen der ungarischen und deutschen (rechten) Presse werden diese Fahndungen, inklusive Fotos und Namen der Betroffenen, vielen Spekulationen und auch massive Hetze geteilt und bejubelt.

Der Zustand des Rechtsstaates spiegelt sich auch in den Haftbedingungen in Ungarn als den härtesten in Europa wieder. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied schon 2015, dass Ungarn präventive und entschädigende Maßnahmen einführen sollte. Auch die BRD ist sich diesen Verhältnissen bewusst, so werden bei einer Verrechnung ein Tag Freiheitsentzug in ungarischen Gefängnissen als drei Hafttage in Deutschland gezählt.

Die Informationen, die uns die Genoss:innen zutragen, bestätigen dieses Bild der miserablen Bedingungen: Besonders die Isolation macht den Inhaftierten zu schaffen. In den ersten Wochen hatten sie keinen Kontakt zur Außenwelt, außer zu ihren ungarischen Anwält:innen. Die italienische Genossin wurde mehrere Wochen in Isolationshaft festgehalten. Es war nicht möglich Briefe, Geld und Pakete in die Gefängnisse zu senden. Den Genoss:innen fehlte es so nicht nur am sozialen Austausch, sondern auch am Nötigsten. Über Wochen hatten sie nur die Kleidung zur Verfügung, die sie bei der Inhaftierung mit sich trugen. Die Ernährung der Inhaftierten ist darüber hinaus kaum ausreichend, wenn man die miserable Essensausgabe nicht durch Einkäufe des gefängniseigenen Ladens aufstocken kann. Jene Einkäufe, die oft willkürlich gestrichen werden, waren ohne Kontakte, die Geld auf das Haftkonto überweisen, lange Zeit gar nicht möglich.

Der Nahrungsmangel ist jedoch nicht der einzige Angriff auf die Gesundheit der Inhaftierten. Hofgänge sowie das Recht auf eine Duschmöglichkeit hängen vom Gutdünken der Wärter:innen ab und werden auch mal für zwei Wochen entzogen. Im Sommer haben sich die Räume bis auf über 40 Grad erhitzt, während gleichzeitig die Möglichkeit, Fensterklappen zu öffnen, verboten wurde. Es sind vereinzelt Mithäftlinge aufgrund der Hitze kollabiert. In ungarischen Gefängnissen wimmelt es von Bettwanzen und anderen Insekten. Krankheiten können sich fast ungehindert ausbreiten. Leider macht sich die kaum vorhandene medizinische Versorgung immer stärker bemerkbar. Mehrmals wurde bei Verhören und richterlichem Anhörungen ,vergessen‘, den Rechts­beistand der Genoss:innen über  die Termine zu informieren oder vorher ausreichend mit Informationen zu versorgen.

Die Verhaftungen und Verfolgungen sind als Angriffe auf die antifaschistischen Bewegungen in Ungarn und Deutschland zu verstehen. Der Kontext ist die erfolgreiche Mobilisierung durch die Kampagne ,NS-Verherrlichung stoppen‘ und ungarischer linker Gruppen gegen das neonazistische Gedenken zum „Tag der Ehre“ in Budapest, welches zu den wichtigsten Vernetzungstreffen der europäischen Neonaziszene zählt.

Wir erwarten einen politischen Prozess, der die autoritären Tendenzen weiter stärken und gegen jedweden progressiven Aktivismus mobil machen soll. Wir stellen uns auf ein langwieriges Verfahren und auf eine lange Zeit der Unsicherheit mit Tobi und der italienischen Genossin in Untersuchungs-Haft ein. Die Isolation der Genoss:innen von ihren Freund:innen und Gefährt:innen erschwert die Solidarität. Sie macht sie jedoch nicht unmöglich. Wir freuen uns über Unterstützung jeder Art – Öffentlichkeit, Geld, politischen Druck und gute Einfälle, wie wir unsere Genoss:innen aus dem Knast kriegen.

Nachtrag:

In der Nacht vom 20. auf den 21. November 2023 wurde Gabriele aus Mailand verhaftet und ins Gefängnis von San Vittore gebracht. Nach der ersten Anhörung wurde ihm am Mittwoch, den 22. November 2023, Hausarrest mit allen Einschränkungen gewährt, wo er sich derzeit befindet. Ein von Ungarn ausgestellter Europäischer Haftbefehl lastet auf ihm wegen der Ereignisse vom Februar 2023, als einige Neonazis in Budapest anlässlich des „Tages der Ehre“ angegriffen wurden. In Berlin wurde am 11. Dezember 2023 eine weitere Person im Zusammenhang mit dem Budapest-Komplex verhaftet und in Untersuchungshaft genommen.

Mehr Informationen unter:

www.budapest-solidarity.net

www.basc.news

Spenden bitte an:

Rote Hilfe e.V.

GLS-Bank

Konto-Nr.: 4007 238 317

BLZ: 430 609 67

IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17

BIC: GENODEM1GLS

Stichwort: Budapest

  • 1Um die Wünsche der Inhaftierten zu berücksichtigen, wird im Artikel nur ein Name genannt.
  • 2„wir“ meint die Autor*innen von „Budapest Solidarity Berlin“
  • 3Fidesz – Magyar Polgári Szövetség („Fidesz – Ungarischer Bürgerbund“)

https://antifainfoblatt.de/aib140/ungarn-hate-crime-gegen-neonazis-antifas-haft

Antifa gegen Neonazi-Treffen im ungarischen Sopron am 7.10.23

Wir hatten hier über den geplanten Neonazi-Kongress berichtet.

Sowohl im Ort selber regt sich inzwischen Widerstand, auch aus Wien wird von Antifas zur gemeinsamen Fahrt nach Sopron mobilisiert, z.B. von der gruppe für organisierten antifaschismus wien

  https://x.com/gfoa_w/status/1709584250398228811?s=20

Mehr Hintergrund im Artikel

  „Neonazi-Treffen im ungarischen Sopron“

von „Stoppt die Rechten“ aus Österreich, den wir hier übernehmen. Link zum Original vom 30.9.23:

https://www.stopptdierechten.at/2023/09/30/neonazi-treffen-im-ungarischen-sopron/

Neonazi-Treffen im ungarischen Sopron

Seit Monaten trommeln diverse Neonazi-Gruppierungen aus Österreich und Deutschland für ein Neonazi-Treffen im ungarischen Sopron, das in der kommenden Woche stattfinden soll. Dort regt sich nun Widerstand.

Ungewöhnliche Allianzen

Angekündigt wurde der „1. Gerd Honsik-Europakongress“ bereits vor einem halben Jahr über die neonazistische Partei „Der III. Weg“. Auch der Kartenverkauf – 25 Euro muss für die Teilnahme berappt werden – läuft über die deutschen Neonazis. Die Bekanntgabe des Veranstaltungsorts sowie das genaue Line-up würden via Mail vom ebenfalls neonazistischen Blog „SFN” nach der Anmeldung bekanntgegeben, heißt es im Ankündigungstext. Für den Freitag, 6. Oktober, sind Anreise und Begrüßung vorgesehen, am Samstag seien diverse Vorträge ohne namentliche Nennung der dort Auftretenden von Vertretern „der Partei ‚Der III. Weg‘ (BRD), der ‚Nordischen Widerstandsbewegung‘ (Skandinavien), „Casa Pound” (Italien) sowie ein wesentlicher Vordenker der Nouvelle droite/Neuen Kultur“ geplant.

Der militanten Neonaziszene gilt er [Gerd Honsik] als Säulenheiliger. Der „1. Gerd Honsik – Europakongress” ist eine Hommage an Honsik und ein Lebenszeichen des Milieus. Beachtlich an der Veranstaltung ist, dass österreichische Neonazis sie gemeinsam mit italienischen Faschisten durchführen. Derartiges wäre vor wenigen Jahren wohl noch unmöglich gewesen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen wären sich vermutlich bei der ersten Erwähnung des Wortes „Südtirol” in die Haare geraten. (derstandard.at, 5.5.23)

Auch dass ein Redner aus der „neurechten“ Szene angekündigt ist, überrascht zumindest auf den ersten Blick, zumal sich die „Neue Rechte“ gerade dadurch markierte, mit weichgespülten Formulierungen altrechter Inhalte eine vermeintliche Abgrenzung vom Nationalsozialismus und damit gesellschaftliche Anschlussfähigkeit erzielen zu wollen – was immer wieder mit hämischer Kritik aus dem „alten“ Neonazi-Lager kommentiert wurde.

Honsiks Erben

Maßgeblich organisiert wird der braune Auflauf von der alten VAPO- und Alpen-Donau-Garde: Die hatte nach Honsiks Tod im April 2018 das Anwesen in Sopron übernommen. Geerbt hatte Honsiks Besitz dessen Tochter, die an den Honsik-Adoranten-Klub rund um Gottfried Küssel verkauft hat, wie „Stoppt die Rechten” in Erfahrung bringen konnte. 2022 postete der neonazistische „Infokanal Deutschösterreich” das Foto eines Kranzes der „Ferialverbindung Imperia”, der Nachfolgeverbindung von Küssels „Reich”, auf dem Grab von Honsik in Niederösterreich. Es ist davon auszugehen, dass der Vernetzungskongress aus diesem Umkreis organisiert wird.

Ferialverbimdung Imperia, Vereinsregisterauszug mit Lucas Tuma als "Imperator" und Michael Tuma als "Konsul" (abgerufen am 6.6.22)

Ferialverbimdung Imperia, Vereinsregisterauszug mit Lucas Tuma als „Imperator” und Michael Tuma als „Konsul” (abgerufen am 6.6.22)

Kranzschleife am Honsik-Grab mit Text "FVB Imperia" (Inforadio Deutschösterreich 9. Okt. 2022)

Kranzschleife am Honsik-Grab mit Text „FVB Imperia” (Inforadio Deutschösterreich 9. Okt. 2022)

Protest in Sopron

Derweilen regt sich in Sopron Widerstand, wie das Nachrichtenportal merce.hu (26.9.23) berichtet. „Mérce“ konfrontierte den Fidesz-Bürgermeister und auch die lokale Polizei mit dem Neonazi-Kongress und erhielt erstaunliche Antworten. Demnach hat die Stadt aus der Presse von der Veranstaltung erfahren, und den Informationen zufolge wurde die Polizei nicht benachrichtigt, und sie kennt nicht einmal den genauen Ort der Veranstaltung.“ (Text aus dem Ungarischen mit „deepl“ übersetzt)

Der Bürgermeister antworte zwar „Mérce“ nicht, distanzierte sich jedoch in einer öffentlichen Erklärung. Es gäbe, so der Bürgermeister, in der Stadt „null Toleranz für Antisemitismus“ – was etwas vermessen für den Angehörigen von Orbáns Fidesz ist, deren antisemitische Agenda wie die ständigen Ausfälle gegen George Soros programmatisch geworden sind. Geschlagen wird der Bürgermeister noch von der Polizei, die in ihrem Statement zu „Mérce“ schrieb:

Ungarn, das bekanntlich bedeutende Erfolge erzielt hat, hat eine Nulltoleranz gegenüber diesen Phänomenen proklamiert, die es auch mit dem Gesetz durchsetzt. Die Polizei wird, wenn nötig, entschlossen und unumstritten gegen extremistische Äußerungen vorgehen, wobei die Schwere der Straftat zu berücksichtigen ist.

An ein Verbot der Veranstaltung ist offenbar nicht gedacht. Die zivilgesellschaftliche Bewegung Momentum in Sopron organisiert eine Gegendemonstration vor dem Hotel, in dem die Veranstaltung am 7. Oktober stattfinden soll. In der Beschreibung der Veranstaltung fordern sie den Bürgermeister auf, die Konferenz zu verhindern.“ (merce.hu) „Momentum Sopron“ kündigte auf Facebook an, in der kommenden Woche den Ort der Demonstration und damit auch des Neonazi-Treffens bekanntgeben zu wollen.

Der Honsik-Kongress in Sopron wird nach dem „Tag der Ehre” in Budapest und der „European Fight Night” in Csókakö das dritte internationale Neonazi-Event alleine in diesem Jahr in Ungarn sein. Damit bestätigt sich, dass das Orbán-Land zunehmend zum Aufmarschgebiet von europäischen Rechtsextremen wird – kein Wunder, dort können sich die braunen Kameraden weitgehend unbehelligt von Sicherheitsbehörden versammeln.

Nazis veranstalten „Europa-Kongress“ in Ungarn

Vom 6. Oktober bis 8. Oktober 2023 wollen Neonazis einen internationalen sogenannten „1. Gerd-Honsik-Europakongress“ im ungarischen Sopron durchführen. Beteiligt sind FaschistInnen aus Österreich, Deutschland (III. Weg), Italien (Casa Pound) und Skandinavien (Nordische Widerstandsbewegung) und ein Vertreter der „Nouvelle Droite“.

Der Kongress wirbt mit verschiedenen Vorträgen zu den Themen „Europäische Einigkeit“, „Europas Freiheitskampf in der Vergangenheit“ sowie „Nationale Bewegung und ihre Konzeption“, Karten können online z.B. im Shop der Nazis vom III. Weg bestellt werden…

Einladung vom III. Weg

Gerd Honsik, nach dem der Kongress benannt ist, war ein führender österreichischer Neonazi, Burschenschaftler, Aktivist, Propagandist und Parteifunktionär der österreichischen NDP. Der verurteilte Holocaustleugner Honsik war in den 1960er-Jahren während des sogenannten „Südtiroler Freiheitskampfes“ an Anschlägen gegen italienische Einrichtungen beteiligt – und wird dafür von der Szene immer noch gefeiert.

Nazis fordern Freiheit für Honsik 2008

Nach einer Verurteilung des Amtsgerichts München 1990 wegen Volksverhetzung und weiterer ähnlicher Delikte floh Honsik nach Spanien, wo Holocaustleugnung nicht strafbar ist.

Es bestehen Vermutungen, dass Honsik auch an der rechten Briefbombenserie Anfang der 90er Jahre in Österreich beteiligt gewesen sein könnte, wie das Antifaschistische Info Blatt AIB 1994 schrieb:

https://www.antifainfoblatt.de/artikel/rechte-briefbomben-%C3%B6sterreich

2007 wurde er an Österreich ausgeliefert und wegen NS-Wiederbetätigung zu 5 Jahren Haft verurteilt. 2011 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen und zog nach Ungarn, wo er weiter politisch und propagandistisch aktiv war, er hatte dort ein Haus gekauft und bot somit eine Anlaufstelle für seine „Kameraden“. 2018 starb Honsik in Sopron.

Laut Standard vom 1. Juni 2017 war Ungarn von Honsik nicht zufällig gewählt:

Infolge des Wirkens des rechtspopulistischen Regierungschefs Viktor Orbán ist Ungarn zu einem Tummelplatz von internationalen Rechtsextremisten geworden. Figuren aus der amerikanischen Alt-Right-Szene geben sich hier ebenso ein Stelldichein wie britische Rassisten oder einschlägige schwedische Aktivisten.

https://www.derstandard.at/story/2000058612662/holocaustleugner-gerd-honsik-lebt-in-ungarn

Pikant ist am Städtchen Sopron auch die Tatsache, dass die ungarische Polizei im 15. Mai 2017 den deutschen Holocaust-Leugner Horst Mahler dort aufgrund eines Europäischen Haftbefehls verhaftet hatte, der sich durch die Flucht nach Ungarn einer Reststrafe in Deutschland zu entziehen versucht hatte.

Das dokmz und der Standard hatten über den geplanten Kongress schon im Mai berichtet. Markus Sulzbacher lenkt dort den Blick auf die bemerkenswerte und ein Stück weit neue Zusammenarbeit österreichischer und italienischer Neonazis bei diesem Kongress – da beide in der Südtirol-Frage an sich sehr unterschiedliche Positionen vertreten:

https://www.dokmz.com/2023/05/05/gerd-honsik-kongress-neonazis-bauen-internationale-kontakte-aus/

https://www.derstandard.de/story/2000145913027/gerd-honsik-kongress-neonazis-bauen-internationale-kontakte-aus

Der geplante Kongress, der in Gedenken an einen überzeugten militanten Neonazi benannt ist, reiht sich also ein in die immer länger werdende Reihe von Neonazi-Veranstaltungen in Ungarn: Tag der Ehre, CPAC-Treffen, Neonazi-Kampfsport-Event…

Fight Fascism!

Budapest-Soli-Blog im August 2023

Ungarn heißt rechtskonservatives CPAC-Treffen willkommen

… wobei „rechtskonservativ“ für die Organisation „Conservative Political Action Conference„, kurz CPAC, schon zu soft ist…

„Bei der CPAC handelt es sich um eine jährlich stattfindende Konferenz, die erstmals 1974 ausgetragen wurde und von der Amerikanischen Konservativen Union (American Conservative Union) organisiert wird, einer den Republikanern nahestehenden Netzwerkorganisation der amerikanischen politischen Rechten“

Unter den Teilnehmenden der Anfang Mai in Budapest durchgeführten Konferenz Georg Maasen, FPÖ-Parteichef Herbert Kickl und weitere Rechtsnationale bis Rechtsextreme.

Belltower Nes schreibt:
„Die Sprecher*innen sind ein Who-is-who der rechtsalternativen bis rechtsextremen Szene, von Österreichs FPÖ über Spaniens Vox bis zu den Fratelli d’Italia. Ein Umfeld, in das die AfD gut passen würde – nur sind die bisher offenbar nicht als Speaker gefragt. Im letzten Jahr war die einzige deutsche Sprecherin, die immerhin Antifeministin und rechtspopulistische Autorin Birgit Kelle, die erwartbar die transfeindliche Agenda der Veranstaltung unterstützte.“

Auch der Berliner Tagesspiegel kritisiert das internationale Netzwerk von rechten Politikern deutlich:

Die CPAC hat sich radikalisiert und duldet inzwischen fast alles. Ob Rassismus, Antisemitismus, Corona-Leugnung, Antifeminismus, Islamophobie, Transgenderphobie – Hauptsache rechts, illiberal, gegen Migranten, für Volk, Nation und Religion.

Tagesspiegel vom 3.5.23: CPAC-Treffen in Budapest: Rechts und rechts gesellt sich gern

Die Durchführung dieses Treffens in Ungarn und die polternden Grußworte gegen links, woke und liberal, die Orban zur Eröffnung sprach, zeigen einmal mehr, wie weit rechts die ungarische Regierung steht und sich darin international zu verorten versucht.

 

Nazis weichen mit Kampfsportevent nach Ungarn aus

Im kleinen Örtchen Csókakö, 80km entfernt von Budapest, fand am 6. Mai 2023 die erste «European Fight Night», kurz EFN statt.

Das antifaschistische Recherche-Portal exif-Recherche schreibt über die EFN, es handele sich um:

„das Event der extrem rechten Kampfsportszene 2023 […]. Einfluss darauf hatte vor allem das seit 10 Jahren bestehende deutsche Format «Kampf der Nibelungen» (KdN), das für seine Reichweite und Professionalität bekannt ist. Seit 2019 ist es diesem in Deutschland von den Behörden untersagt, eigene Veranstaltungen unter dem Label zu organisieren. Mit dem ursprünglich aus Frankreich stammenden Label «Pride France» und der ungarischen Neonazi-Organisation «Légió Hungária» trafen bei der EFN drei höchst vernetzte Player an, die trotz aller Widrigkeiten ein Event umsetzen konnten, das jetzt schon in der Szene als voller Erfolg gewertet wird.

Alle Infos hier:

„«European Fight Night» – Internationales Treffen kampfwilliger Neonazis“

Die Ausreiseverbote und Meldeauflagen deutscher Behörden u.a. gegen einen der Hauptorganisatoren, Alexander Deptolla hielten vor Gericht nicht stand –

Exif-Recherche schreibt:

Für die juristische Auseinandersetzung waren u.a. die Neonazi-Anwälte Martin Kohlmann aus Chemnitz und Björn Clemens aus Düsseldorf zuständig. Clemens erklärte dazu auf seinem Blog, der Erfolg läge auch darin begründet, dass das Gastland Ungarn keinerlei Bedenken gegen die Veranstaltung geltend gemacht habe.

Ungarn bleibt somit beliebter (Ausweich-)Ort großer und wichtiger Neonazi-Treffen:

Trotz Hürden und öffentlichen Druck so viele Neonazis aus ganz Europa zu versammeln – die zuhauf bereits von einer gelungenen Veranstaltung sprechen – verbuchen die Veranstaltenden nicht zu Unrecht als Erfolg.“

Das Überwinden der Repressalien in Deutschland und in Ungarn stärkt die Gemeinschaft, den Korpsgeist und schärft das Feindbild „Wir gegen den Rest“. Nach dem Austragungsverbot des KdN in Deutschland ist die gelungene Durchführung der EFN in Ungarn für die deutschen Strukturen richtungsweisend. Nach langem Stillstand um das Format KdN haben sie sich auf neues Terrain gewagt und dabei einen Kampf mit dem Rechtsstaat geliefert, aus dem sie zunächst gestärkt hervorgehen könnten. Das Orbán-Regime und die bis ins Hinterland verbreiteten faschistischen Strukturen in Ungarn bieten Neonazis aus ganz Europa den sicheren Hafen ihre militantes Netzwerk weiter auszubauen und zu festigen.

Zum 1. Mai: Wieder Hetze gegen Antifas in ungarischer Zeitung Magyar Nemzet

Die Orban-nahe Zeitung redet „blutige Straßenkämpfe“ in Deutschland zum 1. Mai herbei und halluziniert „Straßenschlachten wie in Zeiten der Weimarer Republik“

Der geifernde Anfang des Artikels vom 1. Mai 2023 „Utcai harcokra buzdít a szélsőbaloldali Antifa május elsején“ lässt sich ungefähr so übersetzen:

„Linksradikale Antifa ruft zu Straßenkämpfen am Maifeiertag auf.
Wegen der erwarteten Verurteilung der berüchtigten Hammerbande-Anführerin Lina Engel kommt es in Deutschland bereits zu Straßenschlachten. Dutzende von Polizisten wurden in der vergangenen Woche verletzt, und für den 1. Mai wird eine neue Welle von Straßenkämpfen erwartet, da die linksextreme Antifa plant, die Straßen deutscher Großstädte in Brand zu setzen.“

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Nun ja, der 1. Mai ist ja nun gelaufen und die meisten Großstädte stehen noch…

Peinlich und widerlich auch, dass die Zeitung, die sich gerne so seriös gibt, Fotos und Informationen für diesen Artikel aus einem Anti-Antifa-Account zitiert.
Zum Artikel Magyar Nemzet vom 1.5.23: