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28.3.24: ital. Presse über 2. Prozesstag in Budapest: Drohungen durch Neonazis

2. Prozesstag in Budapest

Am 28. März 2024 fand in Budapest der zweite Prozesstag im Antifa-Prozess statt, als auch die Entscheidung in Mailand über die von Ungarn beantragte Auslieferung von Gabriele.

Auch am zweiten Prozesstag in Budapest wurde die Angeklagte Ilaria wieder in Handschellen und Ketten vorgeführt. Es gibt großes Interesse vor allem durch italienische Presse, die empört Fotos verbreiten. Der Antrag, dass Ilaria statt der Haft in Hausarrest käme, wurde abgelehnt. Nach Ansicht der Richter sei sie immer noch „gefährlich und es bestehe Fluchtgefahr“ – der Vater verließ daraufhin sofort den Gerichtssaal. Im Corriere berichtete er, dass die Mailänder Adresse von Ilarias Wohnung auf den Websites einiger Neonazi-Gruppen aufgetaucht war…

Zerocalcare_ComicUnter den Zuschauer*innen war unter den Unterstützer*innen auch der linke Comiczeichner Zerocalcare (der den Comic „Unten im Loch“ Download über Ilaria gezeichnet hat), aber auch Mitglieder linker italienischer Parteien und Juristenverbände.

Ilarias Genoss*innen, als auch die Dolmetscherin und der Anwalt Eugenio Losco wurden bedroht von Neonazis mit den Worten „Wir werden euch die Köpfe einschlagen„. Wie @basc161 auf Twitter schreibt, waren unter den Nazis am Gerichtsgebäude der Mitbegründer von Legio Hungaria Tamás Lipták, das Blood & Honour Mitglied Lázló Dudog und andere Faschisten. Während ersterer vor allem damit beschäftigt war Umfelder und Beobachter:innen abzufotografieren, beschäftigten sich letztere mit der Drangsalierung und Einschüchterung anwesender Unterstützer:innen der Genoss:innen. (Mehr zu den „vermeintlichen Opfer im Budapest-Verfahren„)

Gabri libero!

Am selben Tag, an dem das Budapester Gericht der 39-jährigen Ilaria den Hausarrest verweigerte, lehnte das Mailänder Berufungsgericht den Antrag Ungarns auf Auslieferung von  Gabriele offenbar endgültig ab! Ungarn hatte einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, der am 21. November 2023 von italienischen Strafverfolgungsbehörden in Mailand vollstreckt wurde – seitdem saß er dort  im Hausarrest. Nun kommt Gabriele damit auf freien Fuß – yeah!!! Das Nein zur Auslieferung wurde in der inzwischen sechsten Anhörung entschieden. Zu den Gründen für die Entscheidung gehörten das „reale Risiko einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“ in Ungarn, mit „realen Risiken einer Verletzung der Grundrechte„, sowie die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Strafmaß, das ihm in Ungarn drohe (maximal 16 Jahre, wie bei einem versuchten Mord), wohingegen die Tatvorwürfen in Italien als Körperverletzungen betrachtet würden. Außerdem hätten die Opfer des angeblichen Angriffs nie Anzeige erstattet, deren Verletzungen wären nach ein paar Tagen verheilt.

Interessanterweise stellte sogar der (stellvertretende) Generalstaatsanwalts Cuno Tarfusser den Antrag, Gabriele nicht an Ungarn auszuliefern, da sich der ungarische Staat „von der Idee und den Rechtsgrundsätzen, die dem einheitlichen europäischen Raum zugrunde liegen, verabschiedet und distanziert hat“. Diesem Antrag schloss sich Gabrieles Anwalt, Mauro Straini, an.

Bleibt zu hoffen, dass sich das Berliner Kammergericht diese Entscheidung genauer anschaut, wenn es über den Auslieferungsantrag von Maja nach Ungarn entscheiden wird…

https://www.basc.news/anordnung-der-auslieferungshaft-gegen-maja-und-politisch-motivierte-eskalation-seitens-der-bundesanwaltschaft/

Gabriele_estradizione-NegataAm Abend um 18:30 ruft die Antifaschistische Aktion Milano vor der ungarischen Botschaft in Mailand zu einer Antifa-Soli-Kundgebung auf: „Wir wollen alle in Freiheit – auch Ilaria und alle Antifas“:

https://www.instagram.com/stories/azione_antifascista_milano/3333767172567023910/

 

Auswahl italienischer Presse zu den aktuellen Vorgängen:

BUDAPEST: ILARIA SALIS RESTA IN CARCERE E IN MANETTE. ALLE 18.30 PRESIDIO AL CONSOLATO UNGHERESE A MILANO

https://www.lastampa.it/esteri/2024/03/28/news/ilaria_salis_oggi_udienza_minacce_amici_legali-14181100/?ref=LSHAE-BH-P2-S1-T1

https://milano.corriere.it/notizie/cronaca/24_marzo_28/cosa-ha-fatto-ilaria-salis-di-cosa-e-accusata-e-cosa-e-successo-a-budapest-l-11-febbraio-2023-201c8164-6e9b-4683-ba49-4afb66e32xlk.shtml

https://www.ilmessaggero.it/mondo/zerocalcare_ilaria_salis_processo_perche_e_andato_pozzo_profondissimo-8023185.html

https://www.huffingtonpost.it/politica/2024/03/28/news/amici_e_legali_di_ilaria_salis_minacciati_a_budapest_da_estremisti_di_destra-15504253/

https://www.repubblica.it/cronaca/2024/03/28/news/ilaria_salis_budapest_processo_oggi_parla_per_la_prima_volta-422384107/?ref=RHHD-T2

https://www.rainews.it/tgr/lombardia/articoli/2024/03/gabriele-marchese-coindagato-della-salis-torna-libero-b9512d42-5b34-4f38-a8b2-0579f5412698.html

https://www.milanotoday.it/cronaca/negata-estradizione-marchesi-ungheria.html

https://www.ilfattoquotidiano.it/2024/03/28/ilaria-salis-gabriele-marchesi-libero-i-giudici-di-milano-no-allestradizione-in-ungheria-rischio-reale-di-un-trattamento-inumano/7494666/

https://video.repubblica.it/cronaca/negati-i-domiciliari-a-ilaria-salis-l-avvocato-ricorreremo-ma-sappiamo-gia-che-sara-tutto-inutile/465840/466796?ref=RHEX-BG-P1-S4-T1

Sharepic Mobilisierung SoliWoche in Italien

Mobilisierungswoche in Italien

LIBERTA’ PER ILARIA, GABRIELE, TOBIAS: DAL 18 AL 23 MARZO SETTIMANA DI MOBILITAZIONE PER TUTTI GLI ANTIFASCISTI

Ilaria Salis wird am 28. März zu einer operativen Anhörung vor Gericht in Budapest erscheinen. Bei dieser Gelegenheit wird ein Antrag auf Hausarrest in Ungarn gestellt werden, nachdem bereits dreimal ein Antrag auf Hausarrest in Italien gestellt und abgelehnt worden war.

Die Anklage der ungarischen Staatsanwälte beschränkt sich jedoch nicht auf die Ereignisse in Budapest: Im Rahmen einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen verschiedenen europäischen Polizeibehörden versuchen die Ermittler, die Aktionen in Ungarn mit dem sogenannten „AntifaOst“-Komplex zu verknüpfen.

Es wird versucht, die Existenz einer fiktiven kriminellen Vereinigung nachzuweisen, die die Anschläge in Ungarn organisiert haben soll. Aus diesem Grund hat die ungarische Staatsanwaltschaft neben Ilaria und Tobias, die in Budapest inhaftiert sind, 14 Europäische Haftbefehle gegen ebenso viele deutsche, italienische, albanische und syrische Genoss*innen beantragt. Viele von ihnen sind bis heute unauffindbar.

Unter ihnen war auch Gabriele, ein Genosse aus Mailand. Gabriele wurde in der Nacht vom 20. auf den 21. November in Mailand verhaftet, nach San Vittore gebracht und am 22. November unter Hausarrest mit allen Einschränkungen gestellt. Die Verhaftung erfolgte aufgrund eines von Ungarn ausgestellten Europäischen Haftbefehls, d.h. eines gerichtlichen Verfahrens, das die Übergabe des Verhafteten zwischen EU-Ländern vereinfacht. Für die mögliche Auslieferung von Gabriele fanden bereits mehrere Anhörungen statt (5. und 12. Dezember, 16. Januar und 13. Februar), bei denen die Verteidigung mehrere Dossiers vorlegte, die zeigen, dass die Haftbedingungen in Ungarn die Würde und die Rechte der Inhaftierten verletzen. Italien kann einen seiner Staatsbürger nicht an ein Land ausliefern, das die europäischen Normen für Haftbedingungen verletzt.

Am 28. März findet nun wieder eine Anhörung zu Gabrieles Auslieferung statt, bei der der Richter das endgültige Urteil verkünden könnte. Am gleichen Tag findet in Ungarn der nächste Prozesstag von Tobias und Ilaria sowie weiterer deutscher Genossin statt, die aber diesmal nicht anreisen muss.

Am 29. Januar 2024 fand die erste Anhörung in Ungarn statt, bei der die Staatsanwaltschaft für Ilaria eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren ohne die Möglichkeit von Ersatzstrafen forderte. Für Tobias wurde eine Strafe von 3 Jahren und 6 Monaten beantragt. Hiergegen legten beide Seiten Berufung ein.

Vom 18. bis 23. März wurde eine Mobilisierungskampagne zur Unterstützung von Ilaria, Gabriele, Tobias und allen angeklagten Antifaschisten gestartet.

Termine:

Samstag, 23. März, Demonstration in Rom, 17 Uhr Piazza Sassari

Donnerstag, 28. März, Kundgebung am Gericht von Mailand

Der ganze italienische Artikel im Original:

LIBERTA’ PER ILARIA, GABRIELE, TOBIAS: DAL 18 AL 23 MARZO SETTIMANA DI MOBILITAZIONE PER TUTTI GLI ANTIFASCISTI

 

Dez 2023: Anfrage im EU-Parlament über Ilarias Haftbedingungen in Ungarn

„Case of Ilaria Salis, detained in Hungary, and human rights in Hungarian prisons“.

Die italienischen Abgeordneten fragen:

  • 1.Is the Commission aware of this case?
  • 2.Will it take steps to put an end to this flagrant violation of human rights?

die parlamentarische Anfrage einiger italienischer Abgeordneter ist hier nachzulesen:

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2023-003713_EN.html

16.12.23: grösste Tageszeitung Italiens präsentiert den Fall Ilaria und die Fahndung wegen Budapest auf Titelblatt.

„L’antifascista Ilaria Salis in catene da un anno a Budapest. E l’Italia sta in silenzio“

übersetzt: „Ilaria Salis, die Antifaschistin, die ein Jahr lang in Budapest in Ketten liegt. Und Italien bleibt still“ so präsentiert Italiens grösste Tageszeitung Italiens „La Repubblica“ den Fall Ilaria und die Fahndung wegen Budapest auf dem Titelblatt.

https://www.repubblica.it/cronaca/2023/12/16/news/ilaria_salis_antifascista_budapest_italia_silenzio-421672311/?ref=RHLF-BG-P1-S1-T1

Auch die Aktivitäten ihres Vaters, der sich solidarisch für die Freilassung seiner Tochter einsetzt, werden in einem Artikel beschrieben:

https://www.repubblica.it/cronaca/2023/12/16/news/ilaria_salis_detenuta_budapest_intervista_padre_roberto-421677241/?ref=drla-1

Fast ein Jahr lang war es in Italien um diesen Repressionsfall recht still und nur linke, antifaschistische und Anti-Repressionsgruppen veröffentlichten hierzu Texte und machten Aktionen. Vor kurzem war es Ilaria und ihren italienischen Anwälten gelungen, ihre miesen Haftbedingungen öffentlich zu machen (s. hier). Zeitgleich finden in Mailand Verhandlungen vor Gericht statt, in denen es um das Auslieferungsverfahren von Gabri nach Ungarn geht.

Ilarias Situation wird also endlich auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.