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28.3.24: ital. Presse über 2. Prozesstag in Budapest: Drohungen durch Neonazis

2. Prozesstag in Budapest

Am 28. März 2024 fand in Budapest der zweite Prozesstag im Antifa-Prozess statt, als auch die Entscheidung in Mailand über die von Ungarn beantragte Auslieferung von Gabriele.

Auch am zweiten Prozesstag in Budapest wurde die Angeklagte Ilaria wieder in Handschellen und Ketten vorgeführt. Es gibt großes Interesse vor allem durch italienische Presse, die empört Fotos verbreiten. Der Antrag, dass Ilaria statt der Haft in Hausarrest käme, wurde abgelehnt. Nach Ansicht der Richter sei sie immer noch „gefährlich und es bestehe Fluchtgefahr“ – der Vater verließ daraufhin sofort den Gerichtssaal. Im Corriere berichtete er, dass die Mailänder Adresse von Ilarias Wohnung auf den Websites einiger Neonazi-Gruppen aufgetaucht war…

Zerocalcare_ComicUnter den Zuschauer*innen war unter den Unterstützer*innen auch der linke Comiczeichner Zerocalcare (der den Comic „Unten im Loch“ Download über Ilaria gezeichnet hat), aber auch Mitglieder linker italienischer Parteien und Juristenverbände.

Ilarias Genoss*innen, als auch die Dolmetscherin und der Anwalt Eugenio Losco wurden bedroht von Neonazis mit den Worten „Wir werden euch die Köpfe einschlagen„. Wie @basc161 auf Twitter schreibt, waren unter den Nazis am Gerichtsgebäude der Mitbegründer von Legio Hungaria Tamás Lipták, das Blood & Honour Mitglied Lázló Dudog und andere Faschisten. Während ersterer vor allem damit beschäftigt war Umfelder und Beobachter:innen abzufotografieren, beschäftigten sich letztere mit der Drangsalierung und Einschüchterung anwesender Unterstützer:innen der Genoss:innen. (Mehr zu den „vermeintlichen Opfer im Budapest-Verfahren„)

Gabri libero!

Am selben Tag, an dem das Budapester Gericht der 39-jährigen Ilaria den Hausarrest verweigerte, lehnte das Mailänder Berufungsgericht den Antrag Ungarns auf Auslieferung von  Gabriele offenbar endgültig ab! Ungarn hatte einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, der am 21. November 2023 von italienischen Strafverfolgungsbehörden in Mailand vollstreckt wurde – seitdem saß er dort  im Hausarrest. Nun kommt Gabriele damit auf freien Fuß – yeah!!! Das Nein zur Auslieferung wurde in der inzwischen sechsten Anhörung entschieden. Zu den Gründen für die Entscheidung gehörten das „reale Risiko einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“ in Ungarn, mit „realen Risiken einer Verletzung der Grundrechte„, sowie die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Strafmaß, das ihm in Ungarn drohe (maximal 16 Jahre, wie bei einem versuchten Mord), wohingegen die Tatvorwürfen in Italien als Körperverletzungen betrachtet würden. Außerdem hätten die Opfer des angeblichen Angriffs nie Anzeige erstattet, deren Verletzungen wären nach ein paar Tagen verheilt.

Interessanterweise stellte sogar der (stellvertretende) Generalstaatsanwalts Cuno Tarfusser den Antrag, Gabriele nicht an Ungarn auszuliefern, da sich der ungarische Staat „von der Idee und den Rechtsgrundsätzen, die dem einheitlichen europäischen Raum zugrunde liegen, verabschiedet und distanziert hat“. Diesem Antrag schloss sich Gabrieles Anwalt, Mauro Straini, an.

Bleibt zu hoffen, dass sich das Berliner Kammergericht diese Entscheidung genauer anschaut, wenn es über den Auslieferungsantrag von Maja nach Ungarn entscheiden wird…

https://www.basc.news/anordnung-der-auslieferungshaft-gegen-maja-und-politisch-motivierte-eskalation-seitens-der-bundesanwaltschaft/

Gabriele_estradizione-NegataAm Abend um 18:30 ruft die Antifaschistische Aktion Milano vor der ungarischen Botschaft in Mailand zu einer Antifa-Soli-Kundgebung auf: „Wir wollen alle in Freiheit – auch Ilaria und alle Antifas“:

https://www.instagram.com/stories/azione_antifascista_milano/3333767172567023910/

 

Auswahl italienischer Presse zu den aktuellen Vorgängen:

BUDAPEST: ILARIA SALIS RESTA IN CARCERE E IN MANETTE. ALLE 18.30 PRESIDIO AL CONSOLATO UNGHERESE A MILANO

https://www.lastampa.it/esteri/2024/03/28/news/ilaria_salis_oggi_udienza_minacce_amici_legali-14181100/?ref=LSHAE-BH-P2-S1-T1

https://milano.corriere.it/notizie/cronaca/24_marzo_28/cosa-ha-fatto-ilaria-salis-di-cosa-e-accusata-e-cosa-e-successo-a-budapest-l-11-febbraio-2023-201c8164-6e9b-4683-ba49-4afb66e32xlk.shtml

https://www.ilmessaggero.it/mondo/zerocalcare_ilaria_salis_processo_perche_e_andato_pozzo_profondissimo-8023185.html

https://www.huffingtonpost.it/politica/2024/03/28/news/amici_e_legali_di_ilaria_salis_minacciati_a_budapest_da_estremisti_di_destra-15504253/

https://www.repubblica.it/cronaca/2024/03/28/news/ilaria_salis_budapest_processo_oggi_parla_per_la_prima_volta-422384107/?ref=RHHD-T2

https://www.rainews.it/tgr/lombardia/articoli/2024/03/gabriele-marchese-coindagato-della-salis-torna-libero-b9512d42-5b34-4f38-a8b2-0579f5412698.html

https://www.milanotoday.it/cronaca/negata-estradizione-marchesi-ungheria.html

https://www.ilfattoquotidiano.it/2024/03/28/ilaria-salis-gabriele-marchesi-libero-i-giudici-di-milano-no-allestradizione-in-ungheria-rischio-reale-di-un-trattamento-inumano/7494666/

https://video.repubblica.it/cronaca/negati-i-domiciliari-a-ilaria-salis-l-avvocato-ricorreremo-ma-sappiamo-gia-che-sara-tutto-inutile/465840/466796?ref=RHEX-BG-P1-S4-T1

Sharepic Mobilisierung SoliWoche in Italien

Mobilisierungswoche in Italien

LIBERTA’ PER ILARIA, GABRIELE, TOBIAS: DAL 18 AL 23 MARZO SETTIMANA DI MOBILITAZIONE PER TUTTI GLI ANTIFASCISTI

Ilaria Salis wird am 28. März zu einer operativen Anhörung vor Gericht in Budapest erscheinen. Bei dieser Gelegenheit wird ein Antrag auf Hausarrest in Ungarn gestellt werden, nachdem bereits dreimal ein Antrag auf Hausarrest in Italien gestellt und abgelehnt worden war.

Die Anklage der ungarischen Staatsanwälte beschränkt sich jedoch nicht auf die Ereignisse in Budapest: Im Rahmen einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen verschiedenen europäischen Polizeibehörden versuchen die Ermittler, die Aktionen in Ungarn mit dem sogenannten „AntifaOst“-Komplex zu verknüpfen.

Es wird versucht, die Existenz einer fiktiven kriminellen Vereinigung nachzuweisen, die die Anschläge in Ungarn organisiert haben soll. Aus diesem Grund hat die ungarische Staatsanwaltschaft neben Ilaria und Tobias, die in Budapest inhaftiert sind, 14 Europäische Haftbefehle gegen ebenso viele deutsche, italienische, albanische und syrische Genoss*innen beantragt. Viele von ihnen sind bis heute unauffindbar.

Unter ihnen war auch Gabriele, ein Genosse aus Mailand. Gabriele wurde in der Nacht vom 20. auf den 21. November in Mailand verhaftet, nach San Vittore gebracht und am 22. November unter Hausarrest mit allen Einschränkungen gestellt. Die Verhaftung erfolgte aufgrund eines von Ungarn ausgestellten Europäischen Haftbefehls, d.h. eines gerichtlichen Verfahrens, das die Übergabe des Verhafteten zwischen EU-Ländern vereinfacht. Für die mögliche Auslieferung von Gabriele fanden bereits mehrere Anhörungen statt (5. und 12. Dezember, 16. Januar und 13. Februar), bei denen die Verteidigung mehrere Dossiers vorlegte, die zeigen, dass die Haftbedingungen in Ungarn die Würde und die Rechte der Inhaftierten verletzen. Italien kann einen seiner Staatsbürger nicht an ein Land ausliefern, das die europäischen Normen für Haftbedingungen verletzt.

Am 28. März findet nun wieder eine Anhörung zu Gabrieles Auslieferung statt, bei der der Richter das endgültige Urteil verkünden könnte. Am gleichen Tag findet in Ungarn der nächste Prozesstag von Tobias und Ilaria sowie weiterer deutscher Genossin statt, die aber diesmal nicht anreisen muss.

Am 29. Januar 2024 fand die erste Anhörung in Ungarn statt, bei der die Staatsanwaltschaft für Ilaria eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren ohne die Möglichkeit von Ersatzstrafen forderte. Für Tobias wurde eine Strafe von 3 Jahren und 6 Monaten beantragt. Hiergegen legten beide Seiten Berufung ein.

Vom 18. bis 23. März wurde eine Mobilisierungskampagne zur Unterstützung von Ilaria, Gabriele, Tobias und allen angeklagten Antifaschisten gestartet.

Termine:

Samstag, 23. März, Demonstration in Rom, 17 Uhr Piazza Sassari

Donnerstag, 28. März, Kundgebung am Gericht von Mailand

Der ganze italienische Artikel im Original:

LIBERTA’ PER ILARIA, GABRIELE, TOBIAS: DAL 18 AL 23 MARZO SETTIMANA DI MOBILITAZIONE PER TUTTI GLI ANTIFASCISTI

 

20.12.23: italienische Presse zu (Nicht-)Auslieferung nach Ungarn

Angesichts des Auslieferungsverfahrens von Gabri und der zunehmenden Öffentlichkeit um die Haftbedingungen von Ilaria in Budapest wird in Italien die Debatte um Antifa und um Zusammenarbeit mit Ungarn etwas anders geführt als hier.

Die italienische Zeitung Repubblica zitiert den Richter Cuno Tarfusser, der die Auslieferung von Gabri nach Ungarn vorerst ablehnte mit den Worten:

Ich habe einen Italiener vor dem Gefängnis bewahrt, der in Ungarn kaum Rechte hat

Interessant, wie in Italien aktuell vor einem Gericht mangelnde rechtsstaatliche Standards in Ungarn gegen eine Auslieferung in Stellung gebracht werden – und das bei der guten Freundschaft zwischen den Staatschef*innen Meloni und Orban… In der deutschen medialen und politischen Debatte um Zusammenarbeit mit ungarischen Behörden hat dieser Aspekt leider bisher kaum eine Rolle gespielt. Polizei und Justiz scheinen reibungslos zusammenzuarbeiten, Datenaustausch und Fahndung laufen wie geschmiert.

Im Mailänder Auslieferungsverfahren hatte auch der zuständige stellvertretende Staatsanwalt gegen die Auslieferung Gabri’s nach Ungarn gestimmt und sprach von einem: „Missverhältnis zwischen der Geringfügigkeit des verhandelten Sachverhalts und der vorgesehenen Sanktion„. Dies war in etwa auch die Verteidigungs-Taktik von Gabris Anwälten gewesen. Die ungarischen Ermittler werfen den Antifaschist*innen Überfälle auf drei Rechtsextremisten am 10. Februar vor, bei denen die Opfer laut Gabris Anwalt Eugenio Losco „minimale Verletzungen“ erlitten haben sollen, die nach wenigen Tagen verheilt wären. Auch hier zeigt sich ein ganz anderer Blick auf die Geschehnisse in Ungarn, weit weg von „Mörder- oder Hammerbande“ und „neue RAF“-Rhethorik in Deutschland.

Das Mailänder Gericht hat angeordnet, dass das italienische Außenministerium von den ungarischen Behörden eine Reihe von Klarstellungen einholen soll, insbesondere zu den Haftbedingungen, denen Gabri im Falle seiner Auslieferung unterworfen wäre“, sagt Anwalt Eugenio Losco und fügt hinzu: „Es handelt sich um sehr substanzielle und sehr konkrete Klarstellungen zu einigen Details, die auch den demokratischen Charakter des ungarischen Systems betreffen.

Zum 13. Januar rufen Antifas in Mailand zu einer großen Anti-Repressions-Demo auf

 

 

 

 

 

 

die zitierten Original-Artikel:

https://milano.repubblica.it/cronaca/2023/12/20/news/ilaria_salis_gabriele_marchesi_no_estradizione_ungheria_tarfusser-421705073/

https://milano.corriere.it/notizie/cronaca/23_novembre_30/ilaria-salis-l-anarchica-milanese-in-carcere-a-budapest-tormentata-da-topi-cimici-e-pulci-666a28c3-5313-4e75-a648-8b97dc8fbxlk.shtml

https://www.rivoluzioneanarchica.it/antifascismo-rinvio-per-gabriele-in-attesa-di-chiarimenti-da-parte-dellungheria/#/

https://www.infoaut.org/antifascismo-nuove-destre/antifascismo-domiciliari-per-gabriele-compagno-milanese-che-rischia-lestradizione-in-ungheria

Milano: Rinviata la richiesta di estradizione in Ungheria per Gabriele

https://www.lapresse.it/cronaca/2023/11/29/ungheria-anarchica-italiana-in-carcere-topi-in-cella-e-detenuti-al-guinzaglio/

Dez 2023: Anfrage im EU-Parlament über Ilarias Haftbedingungen in Ungarn

„Case of Ilaria Salis, detained in Hungary, and human rights in Hungarian prisons“.

Die italienischen Abgeordneten fragen:

  • 1.Is the Commission aware of this case?
  • 2.Will it take steps to put an end to this flagrant violation of human rights?

die parlamentarische Anfrage einiger italienischer Abgeordneter ist hier nachzulesen:

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2023-003713_EN.html

16.12.23: grösste Tageszeitung Italiens präsentiert den Fall Ilaria und die Fahndung wegen Budapest auf Titelblatt.

„L’antifascista Ilaria Salis in catene da un anno a Budapest. E l’Italia sta in silenzio“

übersetzt: „Ilaria Salis, die Antifaschistin, die ein Jahr lang in Budapest in Ketten liegt. Und Italien bleibt still“ so präsentiert Italiens grösste Tageszeitung Italiens „La Repubblica“ den Fall Ilaria und die Fahndung wegen Budapest auf dem Titelblatt.

https://www.repubblica.it/cronaca/2023/12/16/news/ilaria_salis_antifascista_budapest_italia_silenzio-421672311/?ref=RHLF-BG-P1-S1-T1

Auch die Aktivitäten ihres Vaters, der sich solidarisch für die Freilassung seiner Tochter einsetzt, werden in einem Artikel beschrieben:

https://www.repubblica.it/cronaca/2023/12/16/news/ilaria_salis_detenuta_budapest_intervista_padre_roberto-421677241/?ref=drla-1

Fast ein Jahr lang war es in Italien um diesen Repressionsfall recht still und nur linke, antifaschistische und Anti-Repressionsgruppen veröffentlichten hierzu Texte und machten Aktionen. Vor kurzem war es Ilaria und ihren italienischen Anwälten gelungen, ihre miesen Haftbedingungen öffentlich zu machen (s. hier). Zeitgleich finden in Mailand Verhandlungen vor Gericht statt, in denen es um das Auslieferungsverfahren von Gabri nach Ungarn geht.

Ilarias Situation wird also endlich auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Graffiti "Free Gabri"

Keine Auslieferung von Gabri!

Am 5.12. wird über die Auslieferung von Gabri entschieden. Wir sagen – soweit darf es nicht kommen! Nicht nur wäre er den dortigen unwürdigen Knastbedingungen ausgesetzt, er läuft auch Gefahr, unter der rechtsnationalistischen Regierung Orbans einem Schauprozess ausgeliefert zu sein und dementsprechend besonders hart verurteilt zu werden!

Gemeinsam mit den GenossInnen aus Mailand schreiben wir: Wir rufen zu einem Tag der Solidarität am 5. Dezember auf, einem entscheidenden Datum für Gabrieles Schicksal, um ihm und allen anderen in diesen Fall verwickelten GenossInnen Kraft und Verbundenheit zu geben!

Wir laden alle ein, an diesem Tag mit Transparenten, Graffiti, auf die Straße zu gehen oder ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, um sich mit Gabriele zu solidarisieren und sich gegen seine Auslieferung auszusprechen. Gabri muss in Italien bleiben!

KEINE AUSLIEFERUNG!

No estradizione!

 

23.11.23 basc.news: Mailand: Weitere Festnahme und drohende Auslieferung im Budapest-Kontext

Am Dienstag, 21.11.2023, wurde Gabriele in Mailand von den örtlichen Carabinieri verhaftet. Er wartet gegenwärtig im Hausarrest auf seine Auslieferungsanhörung. Grundlage der Festnahme war ein von Ungarn ausgestellter europäischer Haftbefehl. Dem Genossen wird vorgeworfen, an den Auseinandersetzungen mit Faschisten rund um den „Tag der Ehre“ in Budapest im Februar 2023 beteiligt gewesen zu sein. Die ungarischen Behörden werfen den Betroffenen neben diversen Körperverletzungsdelikten bzw. deren Vorbereitungauch die Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ vor. Dabei soll es sich um dieselbe Vereinigungwie im Antifa Ost-Verfahren handeln, welche ihren Schwerpunkt in Leipzig gehabt haben soll und deren angebliche Existenz im vergangenen Mai erstmals von einem Gericht als erwiesen angesehen wurde. Die Absurdität, dass eben diese Vereinigung nun auf einmal Mitglieder in verschiedenen europäischen Ländern haben soll, scheint die anklagenden Behörden in Ungarn dabei nicht zu stören.

Im selben Zusammenhang befinden sich noch immer zwei Genoss:innen, Ilaria und Tobi, in Budapest unter katastrophalen Bedingungen in Untersuchungshaft. Seit über neun Monaten sind sie der schlechten bzw. kaum vorhandenen medizinischen Versorgung, den mangelhaften hygienischen Zuständen und nach den heißen Sommermonaten nun bald der zunehmenden Kälte der ungarischen Wintermonate ausgesetzt. Dazu kommt die fast vollständige Isolation, denn jegliche Kommunikation nach außen wird weitgehend unterbunden. Der italienischen Genossin wurde kürzlich nach neun Monaten zum ersten Mal der Besuch eines Angehörigen gestattet.

Gabriele droht nun ebenfalls die Auslieferung nach Ungarn. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Wochen über eine Auslieferung entschieden wird. Im Falle einer positiven Entscheidung erwarten ihn in Ungarn die gleichen Haftbedingungen wie bei den beiden bereits dort inhaftierten Genoss:innen. Die Staatsanwaltschaft hatte erst kürzlich die Anordnung von Haft im verschärften Vollzug beantragt und für Ilaria eine Haftstrafe von elf Jahren gefordert. Unter welchen Vorzeichen ein Gerichtsprozess dort steht, lässt sich anhand der Medienberichterstattung, der gesellschaftlichen Stimmung in Ungarn sowie der diversen Justizskandale und Verstrickungen lokaler Behörden mit Neofaschisten nur unschwer erahnen.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie eng die ungarischen Behörden mit organisierten Faschisten verstrickt sind: Die Veranstalter des SS-Gedenkens zum „Tag der Ehre“ wurden in Ungarn im August 2023 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet und erhielten eine staatliche Förderung von umgerechnet rund 180.000€ vom nationalen Tourismusförderverband (1). Einer der beiden Hauptorganisatoren ist darüber hinaus der Schwiegersohn des Fidesz-Vizepräsidenten des ungarischen Parlaments (2). Im April wurde ein verurteilter Rechtsterrorist anlässlich des Papstbesuchs in Budapest von der ungarischen Präsidentin begnadigt, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und ritt auf einem Pferd davon (3).

Sollte Gabriele also ausgeliefert werden, ist mit einem politisch motivierten Verfahren, einem Schauprozess und einer langen Haftstrafe unter unmenschlichen Bedingungen zu rechnen. Die nächste Entscheidung eines italienischen Gerichts über die Auslieferung ist für den 5. Dezember angesetzt. Wir rufen deshalb dazu auf, in der kommenden Woche öffentlich Solidarität und Protest gegen die Auslieferung zu organisieren, insbesondere vor Vertretungen des italienischen Staates in Deutschland. Zeigen wir den italienischen Genoss:innen, dass wir zu ihnen stehen. Ob in Ungarn, Italien oder Deutschland – Antifaschismus bleibt legitim und Solidarität bleibt notwendig.

Freiheit für Gabriele, Ilaria, Tobi und alle anderen inhaftierten Antifaschist:innen!

Viel Glück allen Abgetauchten!


Weitere Informationen zu dem Verfahren, seinen Hintergründen sowie aktuellen Entwicklungen finden sich bei: https://www.basc.news/

Die italienischen Genoss:innen brauchen außerdem dringend Geld, um unter anderem die Prozesskosten und Haftunterstützung zu finanzieren. Gespendet werden kann an folgendes Konto:

Kontoinhaber:innen: Alice Zaffaroni und Martina Franchi

IBAN: LT523250062922492633

Betreff: REVOLT21


Zum Nachlesen:

1. https://444.hu/2023/08/19/allami-elismerest-lovagkeresztet-kapott-a-kito…

2.https://merce.hu/2023/07/06/nem-a-kitores-tura-szervezoinek-allami-tamog…

und

https://telex.hu/belfold/2023/10/31/85-millio-forint-kozpenz-hazajaro-ho…

3. https://www.blick.ch/news/wegen-papstbesuch-ungarns-praesidentin-begnadi…

Solidemo 23.11. 18 Uhr Köln: Siamo tutti antifascisti! Keine Auslieferung!

Diesen Dienstag – also am 21. November – haben die italienischen Cops eine weitere Person im Kontext des Budapest-Komplexes festgenommen. Der Genosse befindet sich zur Zeit unter Hausarrest, doch eine Auslieferung an das ungarische Orban-Regime steht im Raum. Dem Genossen wird vorgeworfen, zusammen mit anderen Antifas, beim sogenannten „Tag der Ehre“, einem Nazi-Aufmarsch, im Februar diesen Jahres gegen Nazis vorgegangen zu sein. Am Tag der Ehre kamen über 2000 Neonazis nach Budapest um dem Ausbruchsversuch der dort belagerten SS- und Wehrmachtssoldaten sowie ihrer ungarischen Kollaborateure zu gedenken.

Die Repression von dieser Woche reiht sich in die skandalösen Verfahren gegen die Budapest Two ein, die seit Anfang des Jahres in Budapest im Knast sitzen. Den beiden inhaftierten Genoss*innen Tobi und Ilaria aus Deutschland und Italien werden elementarste Rechte verwehrt, sie durften lange keinen Besuch empfangen, wurden von den anderen Gefangenen isoliert und auch die hygienischen Bedingungen in Haft sind katastrophal.

Dass der rechts regierte ungarische Staat nicht die Faschist*innen, sondern die Antifas verfolgt, die sich diesem Nazikult entgegenstellen, ist zwar skandalös, aber nicht überraschend. Um so schlimmer, dass sich die italienische und deutsche Regierung zu willigen Helfern des Orban-Regimes machen und bei der Verfolgung der Antifas mit Rat und Tat zur Seite stehen! Und nicht nur die Regierungen beteiligen sich an der Verfolgung: Die Politik kann sich auf die Hetze der Presse verlassen die sich insbesondere in Deutschland an der Fahndung nach „untergetauchten Linksextremist*innen“ beteiligt.

Für uns ist klar auf diesen Staat ist beim Kampf gegen den Faschismus kein Verlass! Antifa bleibt Handarbeit! Wir senden unsere Liebe und Solidarität an die inhaftierten Genoss*innen! Grüße an alle Untergetauchten! Free them all!

Zeigt eure Solidarität mit den Inhaftierten, kommt am Donnerstag, 23.11. 18 Uhr zum Hans-Böckler Platz von dort ziehen wir dann zum italienischen Generalkonsulat.
Siamo tutti antifascisti!

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