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Ermittlungen in Budapest

Auf Indymedia ist folgender Hintergrundartikel erschienen:

Kinderpornografisches Material bei Hausdurchsuchung in Budapest sichergestellt

Wie ungarischen Medien seit einigen Wochen zu entnehmen ist, wurden bei einer Hausdurchsuchung  in Budapest Mitte Februar durch die ungarische Polizei ca. 70.000 Dateien festgestellt, welche schwere sexuelle Gewalt an Kindern zeigen. Der Mann, auf dessen Rechner das Bild- und Videomaterial gefunden wurde, soll kurz darauf Suizid begangen haben.

Der Hintergrund der Durchsuchung, bei der die Dateien als Zufallsfund aufgegriffen wurden: Seine angebliche Partnerin, deren Wohnung durchsucht wurde, war zuvor laut Quellen der ungarischen Linken zu einer Art Bauernopfer gemacht worden, um ungarische linke Zusammenhänge in die Ermittlungen zu den Auseinandersetzungen mit Faschisten rund um den sogenannten „Tag der Ehre“ mit einzubeziehen. Auf Basis eines Facebook-Likes und einer Jacke, die sie auf Bildern ihres Facebook-Accounts getragen haben soll, war sie kurzzeitig beschuldigt worden, an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein. Unter diesem Vorwand wurde ihre Wohnung durchsucht und sie  für einige Wochen in Untersuchungshaft genommen worden. Kurz darauf wurden sämtliche Vorwürfe gegen sie fallengelassen, die Ermittlungen wurden eingestellt und sie aus der Untersuchungshaft entlassen.

Die Ex-Beschuldigte arbeitete für einen bekannten ungarischen linken Politiker, András Jámbor, der der Gruppierung „Szikra“ angehört. Wochenlang wurde er parlamentarisch sowie medial denunziert und persönlich für die antifaschistischen Interventionen in Budapest verantwortlich gemacht. Es ist also davon auszugehen, dass die Beschuldigung seiner Mitarbeiterin ein strategischer Schritt war, um linke Oppositionsparteien in Ungarn weiter zu schwächen.

Der Fund des Bild-Materials wird in ungarischen rechten Medien bereits seit einigen Wochen nicht nur instrumentalisiert, um die ungarische Linke zu diffamieren, sondern auch um eine Verbindung zu den Antifaschist:innen zu konstruieren, denen die Interventionen rund um den Tag der Ehre vorgeworfen werden. Laut den öffentlich zugänglichen Informationen existiert eine solche Verbindung aber faktisch nicht. Es handelt sich dabei also um einen Denunziationsversuch. In den kommenden Tagen ist auch im deutschsprachigen Raum vermehrt mit derartigen Versuchen durch rechte Medien und organisierte Nazis zu rechnen.

zu den Haftbedingungen

Haftbedingungen

Italienisch-sprachige Genossin

In der ungarischen Haft besteht die Möglichkeit, Briefe, Telegramme, Geld, Lebensmittel oder Kleidung nur von Personen zu erhalten, die direkt registriert und für Treffen zugelassen sind. Aus diesem Grund erhielt die italienische Genossin im ersten Monat ihrer Haft nicht einmal ein Paket mit dem Nötigsten und musste sich mit der Kleidung begnügen, die sie trug (dasselbe geschah mit der deutschen Genossin). Ursprünglich hatte sie die Erlaubnis erhalten, mit ihren Eltern und ihrem italienischen Vertrauensanwalt zu kommunizieren, aber diese Erlaubnis wurde bald nach den ersten Telefonaten widerrufen. Seitdem hat sie zwar ein Telefon in ihrer Zelle, darf aber mit niemandem außer ihrem ungarischen Anwalt und dem Verbindungsbeamten der italienischen Botschaft kommunizieren. Ein erster Einspruch gegen diese Entscheidung wurde abgelehnt, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass sie auch in den kommenden Monaten ohne die Möglichkeit von Treffen und Kontakten mit der Außenwelt festgehalten wird, es sei denn, der Anwalt vor Ort vermittelt sie. Auch wir hier draußen, die wir keinen direkten Kontakt zu ihr haben, müssen uns auf indirekt übermittelte Informationen verlassen, mit all den Schwierigkeiten, die dies für den Aufbau von Solidarität mit sich bringt. Auf jeden Fall scheint es ihr gut zu gehen, und trotz der Schwierigkeiten in den ersten Monaten der Haft scheint sich die Situation jetzt verbessert zu haben. Das erste Paket wurde geliefert, und die Haftbedingungen sind weniger schwierig geworden, da sie nicht mehr isoliert ist und ihre Zelle, die nicht mehr von Bettwanzen befallen ist, mit einem Häftling teilt, zu dem sie ein gutes Verhältnis hat. Diese Veränderungen führten zu ihrem Entschluss, den Fall ihrer Inhaftierung nicht öffentlich in den lokalen Medien zu thematisieren, wie ihr Anwalt ursprünglich vorgeschlagen hatte.

Was die mediale Aufmerksamkeit für den Fall angeht, so haben die ungarischen Medien die Nachricht von den Verhaftungen zunächst mit einigem Tamtam aufgenommen, doch im Laufe der Wochen hat die Aufmerksamkeit nachgelassen, und der Fall scheint derzeit den üblichen Verfahren zu folgen, so langsam und willkürlich sie auch erscheinen mögen. Die sehr langsame Aushändigung des Grundbedarfspakets und die schlechten sanitären Bedingungen in den Zellen sind nicht als Ergebnis einer persönlichen Hartnäckigkeit zu betrachten, sondern eher als normale Verwaltung ungarischer Gefängnisse. Die Ermittlungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen, und uns liegen Berichte über ein Verhör ohne Anwälte vor, bei dem beide die Aussage verweigert haben.

Deutsch-sprachiger Genosse

Direkt seit dem Anfang der Haftzeit beschrieb unser Genosse die Haftbedingungen als ziemlich hart und eingengend. Keine vernünftigen Klamotten und Schuhe. Somit Angst vor Erkältung, vor allem durch der extremen Feuichtigkeit in der Zelle. Kein warmes Wasser und nur alle paar Tage maximal 5min. duschen. Die Herstellung des Kontakts zur Außenwelt dauerte Wochen und wurde durch einen bürokratischen Prozess arg verlangsamt. Mittlerweile kann er mit seinen Eltern telefonieren und erhält Briefe sowie Pakete. Zudem hat er Kontakt zu seinem ungarischen Anwalt – auch durch unregelmässige Besuch. Keine Konaktmöglichkeit besteht indes bisher zur Anwältin aus Deutschland. Die Wächter machen sich öfter die Sprachbarrieren zu Nutze. Wie etwa bei der Ankunft des Wasserkochers, wo sie ihm ein Papier in ungarischer Sprache zum Unterschreiben hin hielten. Am Ende stellte es sich raus, dass er mit seiner Unterschrift die Annahme des Wasserkochers abgelehnt hat.

Updatenotizen 30. Mai:

*Täglich 1 Stunde Hofgang in einem relativ beengten Dachbereich.
*3-Mann- Zimmer
*Duschen nur Dienstags, Mittwoch oder Freitag, aber idR einmal die Woche : 5min bei 2 Duschen und 3Mann.
*Essen weiterhin nicht ausreichend bei normaler Ernährung – Einkaufen nur alle 2 Wochen und dann auch nur schnell durch den Laden.
*Keine Kühlmöglichkeiten für die gekauften Lebensmittel in der Zelle.
*Im Moment kein Fernseher, da für ungarische Häftlinge benötigt.
*Strom nur während stark eingeschränkter Zeiten an.
*Anträge auf Zugang zu Kontodaten, Friseur, etc. werden nach Lust und Laune angenommen oder auch weggeworfen.
*Kurze Hosen sind verboten – je nach Wächter

Haftbedingungen

…auch in Jena §129 Verfahren

Bei Libertad Media aus Jena

(Libertad Media ist eine kleine, in Jena ansässige Redaktion für unabhängigen Journalismus mit Haltung: antifaschistisch, gegen Unterdrückung und mit einem offenen Ohr für Menschen, die die Welt gerechter machen wollen)

erschien am 24. Mai ’23 der Artikel

„Angriffe auf Rechtsextreme: auch in Jena §129 Verfahren – Durchsuchungen und kurzfristige Festnahme“

…. die §129er-Verfahren lassen sich kaum noch zählen… Solidarität!

Guter Text der Gruppe Kappa Leipzig zur Auseinandersetzung mit Repression.

„Dieser Mittwoch [15.03.2023, Tag der Razzien in Jena und Leipzig] hat gezeigt, was für eine Dimension die politische Strafverfolgung mittlerweile angenommen hat. Was die Repressionsbehörden nun anhand der Ermittlungen anlässlich der Angriffe in Budapest hochkochen und sich dabei auch zu willentlichen Helfer*innen der rechten ungarischen Regierung machen, soll uns unverkennbar aufzeigen, wozu sie bereit sind, um uns einzuschüchtern, unsere Strukturen zu durchleuchten, uns zu lähmen und letztendlich zu zerschlagen.“

Hier der Text:

„Kappa Leipzig: LEIPZIG, DIE REPRESSION WIRKT. REDEN WIR DARÜBER“

Orban-nahe Zeitung feiert enge internationale Polizei- und Behörden-Zusammenarbeit

Enge Zusammenarbeit mit deutschen Behörden bei brutalen Antifa-Angriffen – Alle an der Fahndung in Budapest beteiligten Personen werden vor Gericht gestellt

so titelt die regierungsnahe Zeitung Magyar Nemzet Mitte April. Der Budapester Polizeichef Tamás Terdik erläutert der Zeitung stolz, dass die Polizei *mit allen Mitteln‘ nach den Gesuchten fahnde und weitere Personen zu identifizieren versuche. Er erwähnt extra die enge und gute Zusammenarbeit zwischen dem Budapester Polizeipräsidium (BRFK) und den deutschen Kolleg:innen bei den Ermittlungen… Auch die ungarischen Staatsanwaltschaft stünde über die Agentur Eurojust (EU-Justizbehörde für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) in ständigem Kontakt mit deutschen Staatsanwälten.

Der Polizei-Major Terdik geht bei seinen Ermittlungen von einer organisierten Gruppe von etwa 20 Personen aus.

Informationen aus Magyar Nemzet vom 13.4.23:

https://magyarnemzet.hu/belfold/2023/04/a-budapesti-embervadaszat-minden-resztvevojet-birosag-ele-allitjak?fbclid=IwAR2JXBLTve7R5b1kpaDXtKqW_jCjw-oiCzKjW874PpLIF2zOhFGiJXWPXh0

 

mdr „Exakt“ Video vom 12.4.23 :“Der Fall Lina E.: Welche Erkenntnisse bringt der Linksextremismusprozess?“

Der MDR veröffentlichte am 12.4.23 einen längeren Video-Beitrag im Exakt-Magazin über den Antifa-Ost-Prozess, worin auch über die Repression wegen Budapest und über die offenen Haftbefehle in diesem Zusammenhang berichtet wird. Auch die SOKO LinX darf ausführlich palavern und sieht überall Zusammenhänge… Das Solibündnis AntifaOst kommentiert hierzu zu recht, dass gerade von Seiten der  SOKO LinX alles instrumentalisiert wird, um einen scheinbaren „Modus Operandi“ jeglicher antifaschistischer Aktionen zu konstruieren:

Zum mdr-Beitrag vom 12.4.23:

https://www.mdr.de/video/mdr-videos/c/video-713172.html